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Crypta


"Thriller"
Kunstraum Kesselhaus Bamberg
Installation aus Nylonstrumpfhosen
Urnen gewebt und bestickt
2021

 

 

Eva Maria Neubauer webt und ist auf der Suche nach Materialen, die sie für lange Zeit nicht ermüden und ihren Überlegungen zwischen handwerklicher Fertigung und präsentierter Wirkung Spielraum geben. Es entstehen Werke in inszenierten Räumlichkeiten, die Grabstätten, aber auch Aufbewahrungsorten des alltäglichen, vornehmlich ländlichen Lebens oder der Legende, ähneln. Die Speis oder auch der Regal-Raum der Seelentöpfchen des Wassermanns unter dem Wasserspiegel. Diese gewebten Behältnisse, die Grabbeigaben oder ganze Körper bergen könnten, sind unseren Blicken nur von außen anvertraut. Die textile Herstellung sorgt für körperliche, organisch anmutende Verformungen der Urnen, Vasen, bauchigen Gefäße. 
Ein bisschen unheimlich, weil unsere Ahnung uns reizt und wir über das spekulieren, was wir nicht genau sinnlich erfassen können. 
Und so wie der Mensch sein Leben lang als ein Gefäß verstanden werden kann, gefüllt mit Blut, Knochen, Muskeln, Geist und Herz, so sind die letzten Orte der Konzentration menschlicher Materie die Urne, der Sarg, das Etui. Vergleichsweise selten ist es der ganze Ozean. Es gibt uns am Ende unserer Menschenzeit als Asche, als gepressten Minidiamanten oder als Kompost. Man kann es sich aussuchen. Neubauer liegt das Feierliche um den Tod und alte Traditionen und Riten sprechen sie an. Wie viele davon eigentlich keine Trennung von Leben und Tod konstituieren, sondern eine direkte Verwebung, zeigen ihre Arbeiten, deren Formen und Inszenierungsweise keine Fremdheit aufkommen lassen. Urne und Vase – sind das nicht Geschwister unter den Gefäßen und im Leben verwendet, um besonders lebhafte Teilhabe aufzuzeigen? Wahlurne und Blumenvase sind sicherlich jemandes Lieblingsworte, doch spiegeln sie gerade in ihrem Bezug zum Alltäglichen auch den Abgrund des unfasslich Endgültigen. 

- Nora Gomringer -
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